Berliner Döner ist jetzt ein Teil von mir – ein bewusstseinserweiternder Trip

Marianna Sajaz in Berlin

Um es gleich klarzustellen: auf dieser Reise waren keinerlei bewusstseinserweiternde Substanzen involviert, bis auf ein kühles Bier;). Das Reisen an sich entwickelt und erweitert unser Bewusstsein massiv, denn jede sinnliche Erfahrung, jede Emotion und jeder Gedanke verändern mehr oder weniger unsere Physiologie. Und in Berlin gab es an nur drei Tagen so viel Interessantes, Schönes, Hässliches, Lustiges und Trauriges zu sehen, dass wir ein Gefühl hatten, einen ganzen Monat dort verbracht zu haben.

Diese Reise nach Berlin war so nicht geplant und passte mir eigentlich überhaupt nicht in den Kram. Monatelang habe ich erfolglos versucht, beim überfordertem ukrainischen Konsulat in München einen Termin für die Beantragung eines Passes für meinen Sohn zu bekommen. Dann fiel die Entscheidung, es in Berlin in einem neu eröffneten Servicezentrum zu versuchen. Es klappte, und wir entschieden, noch zwei Tage dranzuhängen, um etwas von der Hauptstadt zu sehen, ohne großen Plan.

Berlin ist GANZ anders als München

So banal und so wahr, denn der Kontrast ist so gewaltig, dass man ein Gefühl bekommt, in einem anderen Land zu sein. Im Vergleich zu Berlin wirkt München wie ein beschauliches Dorf, meistens sauber, ordentlich und sicher. Berlin hingegen ist laut, riesig, widersprüchlich, voller Kontraste. Wir hatten unseren Termin am Treptower Park, wahrscheinlich nicht die schlimmste Gegend, aber die Obdachlosen auf den zerrissenen Matratzen mitten auf dem Gehweg, kaputte Fassaden und der allgegenwärtige Müll haben uns ein wenig schockiert. Unvergessen der Typ, der unter sengender Sonne in einem Frauen-Nachthemd auf der Brücke saß und bettelte.

Nach unserem Termin wollten wir im legendären Kreuzberg zu Mittag essen. Wie erwartet, war der Verkehr mörderisch, denn wer fährt schon bei vollem Bewusstsein mit dem Auto ins Berliner Stadtzentrum? Ich habe es auch nur deswegen gemacht, weil ich nicht ganz aus der Übung kommen will, in einer Großstadt zu fahren.

Mein Sohn wollte unbedingt Vietnamesisch essen, und nach der anstrengenden Parkplatzsuche haben wir einen Imbiss gefunden. Das Essen war okay, aber das Sitzen draußen in der brüllenden Hitze an einer viel befahrenen Straße nicht sehr gemütlich. Ich bin mir sicher, es gibt in Kreuzberg auch schöne lauschige Plätzchen, nächstes Mal plane ich etwas besser.

Nach dem Essen fuhren wir weiter Richtung Zentrum und schauten uns all die Sehenswürdigkeiten vom Auto aus, um Überblick zu bekommen und die nächsten Tage zu planen. Erster Eindruck – meistens chaotisch und scheinbar ohne Plan zugebaut und zugepflastert, schöne historische Gebäude verdeckt von den hässlichen Klötzen aus Beton und Stahl. Aber das ist wahrscheinlich das Schicksal vieler im Krieg zerstörter Städte, da gewinnen Gier und Profit statt besonnener menschenfreundlicher Planung. Die Ukraine wird nach dem Krieg vor der ähnlichen Mammutaufgabe stehen.

Großartig – Berliner Sommerabend an der Spree

Als wir abends völlig erschöpft in unserem Hotel eincheckten, wollte ich nur noch die Füße hochlegen und zur Ruhe kommen. Aber mein Sohn war fest entschlossen, noch mal mit den Öffis ins Zentrum zu fahren und zu fotografieren. Also habe ich mich nach einer erfrischenden Dusche aufgerafft, und wir fuhren zum Hauptbahnhof.

Das Gebäude selbst und die Architektur drumherum brachten meinen Sohn in Verzückung, besonders die majestätische Glasfassade, hier kann Münchner Hauptbahnhof einpacken;).

Marianna Sajaz Berlin Hauptbahnhof
Dort ganz unten bin ich mit meinem Sohn. Die Idee zu diesem Spiegelfoto und die Umsetzung sind auch von ihm.

Vom Hauptbahnhof spazierten wir über die Spree zum Reichstagsufer, entlang den großzügigen Wiesen mit feiernden und entspannenden Menschen. Diese Offenheit ist wirklich beeindruckend und drückt das Freiheitsgefühl gut aus. Selbst wichtige Staatsgebäude sind nicht hinter meterhohen Zäunen versteckt, sondern stehen relativ ungeschützt auf dem öffentlich zugänglichen Gelände. Zum Glück ist keiner darauf gekommen, diese Wiesen zuzubauen und das Ufer abzusperren.

Am Bundestag haben wir die Ankündigung über die Film- und Lichtinstallation am Marie-Elisabeth-Lüders-Haus gesehen, die vom 3. Juli bis zum 3. Oktober nach der Dämmerung ausgestrahlt wird. Die Show wurde wegen hohen Herstellungskosten und enormem Stromverbrauch (angeblich 12 000 Euro pro Tag in 2022) heftig kritisiert.

Aber zuvor mussten wir noch was essen, denn der Magen knurrte schon spürbar. Die Wahl fiel auf den angeblich besten Berliner Döner bei Teras Döner Kebab, den mussten wir einfach probieren. Offensichtlich haben auch viele andere Touris danach gegoogelt, denn die Schlange war etwa 30 Meter lang und die Wartezeit mehr als 45 Minuten. Wir waren zu entkräftet, um nach einer Alternative zu suchen, also stellte sich mein Sohn gnädigerweise an, und ich durfte auf der überfüllten und schmutzigen Terrasse warten und diverse Tabakaromen „genießen“. Der Döner hat unsere Erwartungen nicht enttäuscht, er hat grandios geschmeckt und der Preis war in Ordnung. Leider gibt es kein Bild, wir waren zu hungrig dafür.

Kurz nach zehn waren wir wieder am Bundestag, um die Lichtshow zu sehen, die absolut empfehlenswert ist. In nur einer halben Stunde bekommt man einen schönen Überblick über die wichtigsten Momente der deutschen Parlamentsgeschichte, emotional sehr bewegend und genial unterlegt mit Licht und Ton. Deutschlands Demokratie hat eine beeindruckende Geschichte, aber wohin geht das Ganze? Was denken sich die Menschen, die ihre Stimmen den ewig Gestrigen aus der links-rechten Querfront geben und von ihnen ernsthaft die Lösung drängender Probleme erwarten. Haben wir aus der Geschichte nichts gelernt?

Checkpoint Charlie und Jüdisches Museum

Wahrscheinlich gibt es nirgendwo so viele Erinnerungsorte und Mahnmale wie in Berlin. Beide schrecklichen Diktaturen des 20. Jahrhunderts haben ihre Spuren hier hinterlassen, und zum Glück wurden sie nicht achtlos beseitigt, sondern dienen der Bildung und Aufklärung. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das ausreicht, um die wohlstandsverwöhnte Gesellschaft gegen Populismus und Extremismus zu immunisieren.

Wir führen also zur Friedrichstraße und gingen Richtung Checkpoint Charlie. Es ist unvorstellbar, dass hier früher der schwer bewachte Grenzübergang durch die 180 Kilometer Berliner Mauer war. Jetzt ist das eine Touristen-Attraktion, es gibt ein Museum und eine Strand-Bar. Im Kiosk kann man Postkarten, Kopien der historischen Zeitungen und angeblich Originalstücke der Berliner Mauer kaufen. Wie viele Stücke kann es eigentlich noch geben? Und vor allem: warum sollte ich mir das in die Wohnung stellen? Doch am absurdesten fand ich den Stand mit dem sowjetischen Kitsch, das hat mich richtig wütend gemacht. Es ist so, als würde man vor dem Jüdischen Museum Hakenkreuze als Souvenirs verkaufen.

Der Nationalsozialismus und der Kommunismus sind ebenbürtig und gleichermaßen menschenverachtend und boshaft. Im Gegensatz zum Nationalismus wurden die Verbrechen des Kommunismus nicht hinreichend aufgearbeitet, aber die Historiker sprechen von 100 Millionen Opfer weltweit. Allein in der Ukraine wurden ganze Gesellschaftsschichten für diese wahnsinnige Idee ausradiert. Die Nachfahren der russischen Bolschewiken terrorisieren heute weiterhin die Ukraine und die ganze Welt.

Nach einem einfachen Imbiss in einem Kreuzberger Wohnsilo wagten wir uns ins Jüdische Museum. Ich war hier schon mal vor zwanzig Jahren im Rahmen einer Studienfahrt. Damals fand ich die Architektur von Daniel Libeskind und das Konzept der drei Achsen (Exil, Holocaust und Kontinuität sehr beeindruckend. Ich erinnere mich an das beklemmende Gefühl im sogenannten Holocaust-Turm.

Holocaust-Tum im Jüdischen Museum in Berlin
In diesem leeren fensterlosem Raum bekommt man eine leise Ahnung davon, wie sich die Juden angesichts der bevorstehenden Vernichtung gefühlt haben müssen. Als Besucher will man nur noch raus, und im Gegensatz zu den KZ-Häftlingen kann man durch die offene Tür wieder in die Freiheit heraus spazieren. Ich finde, wir sollen die Freiheit viel mehr wertschätzen und nicht für selbstverständlich halten.

Dark Matter Berlin – eine Sinfonie aus Licht und Ton

Eigentlich hätten die Eindrücke an diesem Samstag schon ausgereicht, aber wir wollten uns noch unbedingt die Licht-Ton-Installation von Christopher Bauder anschauen und hatten bereits Karten gekauft.

Die Ausstellung befindet sich auf einem ehemaligen Fabrikgelände in Berlin-Lichtenberg. In sieben pechschwarzen Räumen kann man jeweils eine Installation auf sich wirken lassen, im Stehen, Sitzen oder sogar Liegen. Die abstrakten, dynamischen Gebilde rufen verschiedene Assoziationen hervor und wirken hypnotisierend und ein wenig meditativ. Die zwei letzten Räume sind sogar interaktiv und laden zum Spielen mit Licht und Ton an. Das macht sehr viel Spaß und erinnert daran, wie schön es ist, sich auch mal an das innere Kind zu besinnen.

Keine Spree-Fahrt und Spaziergang im Tiergarten

Für Sonntag wurde eine mörderische Hitze angesagt und wir haben überlegt, was wir noch an unserem letzten Tag machen könnten. Eine größere Spree-Rundfahrt schien eine gute Option. Doch wir haben leider verschlafen und brauchten eine Alternative. Warum nicht in den Tiergarten gehen, im Baumschatten könnte man die Hitze bestimmt gut aushalten?

Theoretisch, denn dort angekommen, fanden wir unvorstellbare Mengen Müll. Berge von leeren Flaschen, Plastiktüten und Pizzakartons zerstreut im ganzen Park.

Es hat sich herausgestellt, dass an diesem Wochenende auch Rave the Planet, eine große Technoparty und Nachfolger von der berühmten Loveparade, stattfand. Das erklärte die ausgebuchten Hotels, den Müll und viele illustren Gestalten in der Stadt, viele einfach mit nacktem Oberkörper oder einem Hauch von Nichts unterwegs;).

Diese Veranstaltung lief unter dem Motto „Music is the answer“ und erklärte Frieden und Abrüstung zu den Hauptzielen. Das machte mich leicht stutzig und nachdenklich, denn seit Beginn des russischen Vernichtungskrieges gegen die Ukraine reagiere ich allergisch auf scheinheilige Pazifisten.

300 000 wild feiernde, tanzende und saufende Menschen sind ein interessantes kulturelles Phänomen, aber ist das wirklich die Antwort auf alle drängenden Fragen unserer Zivilisation? Ich schlage vor, die nächste Party nicht im sicheren Berlin, sondern an der Frontlinie in der Ukraine oder direkt vor dem Kreml zu veranstalten. Das wird Putin bestimmt beeindrucken.

Den Spaziergang im eigentlich wunderbaren Berliner Tiergarten konnten wir letztlich nur eingeschränkt genießen, aber er ist bestimmt noch einen Besuch wert.

Nach einer Stärkung machten wir uns auf den Weg nach Hause, voll mit Eindrücken und einem ein wenig mehr gewachsenen Bewusstsein für Geschichte, Kultur und uns selbst. Auf der Fahrt kam mir noch der Gedanke, dass zwischen Berlin und München so viele unterschiedliche Kulturen (Preußen, Sachsen, Franken, Bayern) zu entdecken gibt, dass man die Strecke einmal zu Fuß durchlaufen sollte.

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Von admin

Hi, ich bin Marianna Sajaz. Ich bin Lehrerin, Politologin, Bloggerin und Selbstfürsorge-Coach. Ich schreibe über Bewusstsein, praktische Spiritualität und Gewohnheiten. In einem kostenlosen Impulscoaching zeige ich dir, wie dein Bewusstsein zum besten Verbündeten in deinem Leben wird. Wenn du deine Gewohnheiten ändern möchtest und dabei Unterstützung brauchst, melde dich für das kostenlose Webinar "10 Hacks for Habit Change".

15 Kommentare

  1. Liebe Marianna,

    Dein Artikel hat mich wunderbar auf die Reise mit nach Berlin genommen. Ich war schon ein paar Mal beruflich und privat dort und habe nach Deinen tollen Beschreibungen sofort wieder alle Eindrücke in Kopf, vor Augen, in Nase und Ohren. Ich finde, Berlin ist auf jeden Fall eine Reise wert, allerdings war ich auch immer wieder froh, es wieder verlassen zu können, um in meine beschauliche Heimat zu fahren. Viel Spaß bei Deiner nächsten Reise!

    Herzliche Grüße
    Katja

  2. Liebe Marianna, ein mutiger toller Titel und ein toller „Berlin-Ausflug“. Den ich in so vielen Punkten und Momenten nachvollziehen kann. Du hast den Spirit der Stadt toll erfasst. Gleich der ersten Zwischenüberschrift kann ich zustimmen – als eine, die jetzt nah bei München lebt und immer mal wieder Zeiten in Berlin verbracht hat. Die Stadt ist einfach „groß“ in jeder Hinsicht. Danke fürs Teilen, Sabine

  3. Liebe Marianna,
    so schön, dass du diesen Artikel geschrieben hast. Ich bin schon oft in Berlin gewesen, dass ich teilweise vergessen habe, wie die Stadt wirken kann. Du hast die Stadt sehr gut eingefangen. Vielen lieben Dank!

  4. Liebe Marianna, so schön, wie Du mich mit auf Deine Reise durch Berlin nimmst. Beeindruckend, was alles in 2,5 Tage passt. Auf die Licht-Installationen hast Du mich richtig neugierig gemacht. Spannend finde ich auch Deinen Vergleich zwischen München und Berlin und ich konnte ihn gut nachvollziehen. Obwohl ich erst einmal in München war, fand ich es auch eher beschaulich. Berlin ertrage ich aber auch nur bedingt mit seiner quirligen Widersprüchlichkeit. Deine beiden Ideen finde ich richtig gut:
    – die „Friedensparty“ an die Schauplätze der Welt zu verlegen, wo Frieden so dringend benötigt wird
    – eine Wanderung quer durch Deutschland, um die kulturelle Vielfalt zu erleben. Da würde ich glatt mitkommen.
    Herzliche Grüße Sylvia

  5. Liebe Marianne- ich musste mehrmals laut lachen über Deine Berlineindrücke. Ich selbst war 2003 das letzte Mal dort – es war saukalt 🤷🏽‍♀️🤪 und mir so schlecht von der Schwangerschaft, dass ich mich kulinarisch an nichts erinnern mag. Dafür schaffte es Dein Döner sogar 2022 zu mir nach Hause. Mein ältester Sohn brachte seinen 2 Brüdern den besten Döner von Berlin als essbares Mitbringsel. Sie reden noch heute davon 🤎

  6. Liebe Marianna,
    wenn ich gewusst hätte, dass ihr in Berlin seid, hätte ich euch ein paar interessante Ecken zeigen können. Aber ihr habt auch so spannende Tage in Berlin verlebt. Langweilig wird es hier nie. Und ja, es ist ein krasses Kontrastprogramm zu München.
    Herzliche Grüße
    Kerstin

    1. Liebe Kerstin, ich habe an dich gedacht, aber da es sehr kurzfristig war und wir wenig Zeit hatten, wollte ich dich nicht stören. Ich weiß, dass du derzeit sehr beschäftigt bist. Aber lieben Dank für das Angebot, ich komme sehr gerne darauf zurück, wenn wir wieder dort sind. Wir waren uns einig, dass es sich lohnt, noch einmal zu kommen und mehr Zeit einplanen.

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