Bhutan 26° 28° N – Königreich im Himalaya: Filmkritik und Reflexion

Bunte Gebetsfahnen im Königreich Bhutan in Himalaya

Als ich in unserer Lokalzeitung die Werbung über den Dokumentarfilm BHUTAN 26° 28° N – Königreich im Himalaya von Stefan Erdmann sehe, reserviere ich sofort die Kinotickets für meinen ältesten Sohn und mich. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich so gut wie nichts über Bhutan weiß, außer dass es eines der ärmsten und trotzdem der glücklichsten Länder der Erde ist und irgendwo in Himalaya liegt.

Auch aus einem anderen Grund interessiert mich der Film. Seit über einem Jahr beschäftige ich mich im Rahmen des Bewusstseinsberaterkurses (Consiousness Advisor Course) an der Maharishi International University (USA) intensiv mit der vedischen Tradition Indiens, die auch aus Himalaya kommt. Es ist unglaublich faszinierend, wie tiefgründig das jahrtausendealte Wissen („Veda“ bedeutet Wissen) über Generationen weitergegeben wurde und wie es mit den modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen korrespondiert.

Meines Wissens gibt es in Europa keine vergleichbaren Schriften, aber warum eigentlich nicht? Sind sie einfach verloren gegangen in all den Kriegen und Umwälzungen? Zum Glück haben die Bhutaner nicht solche Barbaren wie die Russen als Nachbarn, sonst wäre es im Nu vorbei mit dem Kulturerbe.

Der Film von Stefan Erdmann ist eine ganz große Empfehlung

Überwältigende Naturbilder und berührende Gesichter

Wir kommen voll auf unsere Kosten und tauchen ein in atemberaubende Berglandschaften, bunte Häuser und Gebetsfahnen, begleitet von einfühlsamen Live-Kommentaren des anwesenden Regisseurs. Stefan Erdman ist es gelungen, die berührend-naive und weise Ausstrahlung der Menschen und besonders der Kinder einzufangen. Der Film machte etwas mit mir und bescherte mir ganz viele Erkenntnisse, AHA-Momente und Fragen.

Die Natur hoch in den Himalaya ist eher karg, umso bunter sind die Häuser, die traditionellen festlichen Kleider der Menschen und die allgegenwärtigen bunten Gebetsfahnen. Der Buddhismus als staatsbildende Religion und die jahrtausendealten Traditionen bestimmen alles.

Kann man Menschen zu ihrem Glück zwingen?

Das Königreich Bhutan hat als einziges Land der Erde das „Bruttosozialglück“ als oberstes Staatsziel proklamiert hat. Die Beamten des eigens dafür geschaffenen Ministeriums sind im Land unterwegs und sollen sicherstellen, dass jeder der 700 000 Einwohner auch wirklich glücklich ist.

Glücklich in Bhutan zu sein, bedeutet die Erfüllung der menschlichen Grundbedürfnisse wie Sicherheit, Gesundheit und Bildung. Damit eng verbunden sind Gemeinschaft und Erhalt der Natur und des kulturellen Erbes und gute Regierung.

Hier gibt es die erste Parallele zu meinem Kurs über vedische Technologien des Bewusstseins, die zum großen Teil von Maharishi Mahesh Yogi, dem indischen Physiker und spirituellen Lehrer erforscht und systematisiert wurden. Eine seiner zentralen Aussagen lautete: „Der Sinn des Lebens ist die Ausdehnung des Glücks.“

Der Schlüssel zu diesem Glück befindet sich tief im Inneren jedes Einzelnen und sei unmöglich durch äußere Reichtümer zu erreichen. Nur durch tiefe Verbundenheit mit seinem eigenen Bewusstsein mittels Meditation, gesundem Lebenswandel und Respekt vor der Schöpfung komme man dem Glück nähe.

Die Menschen in Bhutan scheinen diese Idee zu verkörpern und tagtäglich zu leben. Das Leben ist sehr einfach, in den Häusern gibt es nur das Nötigste, westliche Errungenschaften kaum bekannt. Gemeinschaft und gegenseitige Hilfe haben den höchsten Wert.

Ist Glück utopisch?

Das Ganze scheint fast wie eine wahr gewordene Utopie, in der es gelungen ist, menschliche Gier, Neid und Boshaftigkeit zu bezwingen.

Nach dem Film habe ich recherchiert, ob es in Bhutan Korruption, Gewalt und Gefängnisse gibt. Oder eine Armee, bei all den friedliebenden Buddhisten, die die Gewalt ablehnen. Und siehe da, die Menschen klagen über bestechliche Beamten, die politischen Parteien liefern sich Schlammschlachten. Man könnte ins Gefängnis wandern, wenn man mit einer Zigarette erwischt wird oder sich zu einer anderen Religion als Buddhismus bekennt.

Und Bhutan unterhält eine symbolische Armee aus 6000 Soldaten. Immerhin hat es die mächtigen Nachbarn wie Indien und China, mit dem es anscheinend sogar einige territoriale Streitigkeiten gibt. Hier bleibt es zu hoffen, dass die spirituelle Kraft des Landes die feindlichen Tendenzen abhält. So versprach es der große vedische Meister Patanjali, der die Yoga-Sutren aufgeschrieben hat.

Was können wir von Bhutan übernehmen?

Es ist erstaunlich, dass das gesellschaftliche Experiment zur Schaffung des allgemeinen Glücks in Bhutan so gut funktioniert, auch wenn es natürlich einige Schattenseiten hat. Der letzte ähnliche Versuch unter dem Namen „Kommunismus“ war eine der größten Tragödien der Geschichte, kostete Millionen Menschen das Leben und vergiftet bis jetzt Gesellschaften.

Der strenge Naturschutz, die Bescheidenheit des Königs und der Erhalt der Kultur sind in meinen Augen sehr nachahmenswert. Doch ich schätze mein gutes westeuropäisches Leben im wohlhabenden Deutschland mit all seinen Annehmlichkeiten und bin froh, mein Gemüse nicht im Schweiße meines Angesichts anbauen zu müssen. Es ist ein Geschenk, reisen zu können, ins Konzert oder ins Restaurant gehen zu können, als Frau respektiert zu werden und selbstbestimmt zu leben. Und die Liste könnte noch viel länger werden.

Es mir völlig klar, dass viele dieser Annehmlichkeiten jemand anderer bezahlt, z.B. ausgebeutete Fabrikarbeiter oder Saisonarbeiter. Hier können wir den Bhutanern lernen und uns alle etwas solidarisch zeigen und unsere Ignoranz hinterfragen, ohne gleich in die verlogene linke Ideologie zu verfallen.

Können wir etwas aus der Kindererziehung in Bhutan lernen?

Junge Mönche in orangenfarbenen Roben meditieren in Bhutan.
Die Kinder in Bhutan haben ein ganz anderes Leben als unsere Kinder (Photo:Sac/CanvaPixabay)

Kinder und Jugendliche in Bhutan sind für Stefan Erdmann ein großes Anliegen, ihnen sind viele berührende Szenen gewidmet. Als Mutter zweier Teenager sehe ich, dass sich die Lebensumstände dortiger und unserer Kinder gewaltig unterscheiden.

Und ich kann nicht eindeutig sagen, welches Leben besser ist. Es ist wunderbar, dass unsere Kinder im Westen so viele Möglichkeiten haben, so viele spannende Dinge erleben, erfahren und unternehmen können. Gleichzeitig wird ihre Freizeit vom Handy und Computerspielen aufgefressen, sie leiden unter Leistungsdruck in der Schule und ständigem Konsumzwang der Werbeindustrie.

Aber wünschte ich meinen Kindern, dass sie entsagungsvoll in einem Kloster aufwachsen, von morgens bis abends beten und mit der Reisschale betteln gehen?

Eher nicht, aber es wäre gut, diesen verhängnisvollen und stressigen Kreislauf zu durchbrechen und mehr Achtsamkeit und Bewusstseinsarbeit in den Kinderalltag einzubauen. Hier gibt es einen interessanten Ansatz der bewusstseinsbasierten Bildung, die auch aus der vedischen Tradition stammt und an einigen Schulen und Universitäten erfolgreich eingesetzt wird. Der Kern ist die tägliche kurze Meditation, die Teil des Lehrplans ist. Aber auch Unterrichtsmethoden unterscheiden sich etwas, es gibt weniger Leistungsdruck und individuelle Bedürfnisse werden besser berücksichtigt.

Fazit

Der Film von Stefan Erdmann ist eine absolute Empfehlung für alle, die ihr Horizont erweitern und etwas über den radikal unterschiedlichen Gesellschaftsentwurf in Bhutan erfahren wollen. Er bringt zum Lachen, zum Weinen und zum Nachdenken und berührt auf einer tiefen Ebene des Bewusstseins. Für mich habe ich beschlossen, Dokumentationen öfter im Kino anzuschauen, es ist eine besonders bereichernde Sinneserfahrung.

Weitere bestimmt großartige Filme des Regisseurs, die auf meiner Watchlist stehen:

-KANAREN 27° 29° N – ACHT INSELN – ACHT WELTEN

-HEIMAT 46° 48° N – CHIEMSEE – CHIEMGAU – ALPEN – VOL 1 + 2

-ISLAND 63° 66° N

-Die Seele des Waldes 

Von Marianna

Hi, ich bin Marianna Sajaz. Ich bin Lehrerin, Politologin, Bloggerin und Selbstfürsorge-Coach. Ich schreibe über Bewusstsein, praktische Spiritualität und Gewohnheiten. In einem kostenlosen Impulscoaching zeige ich dir, wie dein Bewusstsein zum besten Verbündeten in deinem Leben wird. Wenn du deine Gewohnheiten ändern möchtest und dabei Unterstützung brauchst, melde dich für das kostenlose Webinar "10 Hacks for Habit Change".

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